Das Programm

  • XANGÔ (H. Villa-Lobos)

Ritueller »Macumba« Gesang, feierliche Yoruba Anrufung eines der beliebtesten und mächtigsten »Orixás« des »Candomblé« und anderer afrikanischer Kult-Varianten in Brasilien: Xangô, Herr der Stürme, Blitze und Donner, Herr des Feuers.

Die rhythmische Kraft der stilisierten und markanten melodischen Linie auf einem lautmalerischen Yoruba Text mit seinen Reimwechseln dient dazu, die beschwörende Wirkung der Stimme zu betonen, begleitet vom passenden Rhythmus.

Arrangement eines Songs mit einem einzigen Thema (A), das zuerst a cappella erklingt, bloß mit Tabla-Begleitung, um folgend das Klavier einzubinden, dann den Kontrabass in einem evozierendem arco-Solo, das die Szene einleitet. Beginn der Entwicklung mit einem Ostinato-Satz, bei dem die Hauptzelle des Themas wiederholt und variiert wird, bis zum Eintritt des Piano-Solos mit deutlichem Afrocharakter. Jazz-mäßige Reprise, die in einer chromatischen Erhöhung des Tons durch Wiederaufnahme des Hauptthemas vom Ostinato abschließt.

  • PRÄLUDIUM Nr. 5 (H. Villa-Lobos)

Letztes der Serie von fünf Präludien für Gitarre, 1940 entstanden (eine angebliche Nr. 6 ging verloren), dessen Merkmal das (poly)tonale Spiel ist, wie auch die entsprechenden harmonischen Wechsel, zweifellos mit dem Ziel, die relative Einfachheit der Melodie zu bereichern, die an eine typische »Seresta« erinnert.

Der Text (jrBustamante), an die Struktur des Präludiums angelehnt, nimmt den Charakter einer poetischen Reflexion im Ton einer »Seresta«, als Hommage des Autors an das Genie des beliebten Villa »seresteiro«.

  • FUGA-VALS (A. Conde)

Komposition von Alberto Conde (Carmen Durán gewidmet), als Fuge und Variationen im Stil einer »Modinha«. Auch hier will der lyrische Text (jrBustamante), direkt an der Originalpartitur geschrieben, sich an die bestehende Struktur einfügen, um möglichst eine perfekte Fusion von poetischer Komposition und Melodie mit dem Rhythmus und den harmonischen Variationen zu erlangen.

  • BACHIANAS BRASILEIRAS Nr. 5 - »Ária / Cantilena« (H. Villa-Lobos)

Eine der berühmtesten und meist aufgeführten Kompositionen von HVL, weltweit, daher auch sehr malträtiert, dies leider erstaunlich oft, auch von großen Namen, sogenannten Stars.

Text von Ruth Valadares Correa. Villa-Lobos Musik rettet ihn vor einer gewissen Harmlosigkeit.

Das ist, was unser sorgfältig erarbeiteter Interpretationsbeitrag in aller künstlerischen Ehrlichkeit auch anstrebt. Daher respektieren wir grundsätzlich das Original mit dem kreativen und geglückten Arrangement von Alberto Conde und der meisterhaften, echt klassischen und eleganten Interpretation von Carmen Durán, ohne jedes stimmliche Zugeständnis an zweifelhaften, noch immer geläufigen Geschmacksrichtungen, in Brasilien wie überall, und von denen wir lieber Abstand nehmen möchten, weil sie dem Original aus unserer Sicht keine Ehre erweisen.

  • BACHIANAS BRASILEIRAS Nr. 5 - »Dança / Martelo« (H. Villa-Lobos)

Imitation oder stark rhythmische Variation, im Stil einer typischen »Embolada« aus dem Nordosten oder sogar eines »Forró«, des traditionellen »Desafio« (Wette/Herausforderung) auf dem kuriosen malerischen Text (auch nordöstlich!), von VL persönlich bestellt beim großen Dichter Manuel Bandeira (aus Pernambuco, in Rio ansässig und Freund von VL): eine grandiose Hymne an den Reichtum seines Heimatlands mit all den Singvögeln.

  • ON THE OTHER SIDE (A. Conde)

Komposition von Alberto Conde mit einem kurzen Text (in englischer Sprache), den jrBustamante nachträglich hinzufügte. Vorspiel, afrobrasilianisch. Rein instrumentales Thema mit Klaviersolo und Variationen, die an Villa-Lobos erinnern. Zeitgenössischer Jazz-Stil. Thema für Stimme, Pop-Jazz, das in interaktivem Schluss eines Turn-around-Typs über die Zelle des Hauptthemas mit einem markanten Stil verbindet, der afro-brasilianischen mit symphonischem Jazz verschmilzt.

  • MURMÚRIO (A. Conde)

Improvisation für Klavier, original von Alberto Conde, formal angelehnt an den Stil der Romantiker, die als Übergang zum nächsten Stück des Programms dienen soll.

  • CHOROS Nr. 5 - »Alma Brasileira« (H. Villa-Lobos)

Auch bei diesem Choro erprobten wir die Möglichkeit, auf die ursprünglichen Melodien von Villa-Lobos Worte hinzuzufügen, gewissermaßen als Kommentar zu der Struktur der Komposition, die wie fast jedes Stück der Serie einen bedeutenden Untertitel trägt, in diesem Fall »Brasilianische Seele«. Erwähnt sei auch hier die sorgfältige Achtung vor dem originalen Aufbau des Werkes, denn sowohl die Bearbeitung von Alberto Conde als auch der zusätzliche Text, von Villa-Lobos Anweisungen zur Ausführung des Werks inspiriert, sucht dessen Charakter intakt zu lassen.

  • AYAHUASCA (A. Conde)

Afroamazonisches Stück für Alt, Schlagzeug und Kontrabass, bei dem die Stimme einen magischen Charakter ethnisch-schamanistischer Beschwörung einnimmt und die recht tiefe Vokalise als eine Sequenz moduliert, die sich in etwa wie ein Zweisilbiges »Auê« anhört – quasi als Vorwegnahme des Synkretismus vom folgenden Stück.

  • CHOROS Nr. 10 - »Rasga o coração« (H. Villa-Lobos)

Es handelt sich um unsere größte künstlerische Herausforderung, um dieses Projekt zu vollenden. In diesem Fall haben wir uns für den zweiten Teil des Originals entschieden, in dem der gemischte Chor einsetzt mit Motiven des »Yara Schottisch« von Anacleto de Medeiros und des Wiegenlieds der Parecis Indianer, die Villa-Lobos nach seiner üblichen Methode hier in vielen Variationen simultan verwendet, und mit einem lautmalerischen Text, den er erfunden hat, um die Redeweise der Indianer zu imitieren, jedoch ohne je Bedeutung, außer der des musikalischen/symphonischen Effekts schlicht und einfach.

Der ursprüngliche Text von »Rasga o coração« (Zerreiß mir das Herz), von Catulo da Paixão Cearense, konnte, solange die Urheberrechte geschützt waren, nicht verwendet werden, darum hat Villa-Lobos nur die Melodie von Anacleto de Medeiros benutzt mit Vokalisen für die Chorteile. Für eine lange Zeit war er des Plagiats beschuldigt. Heute, da der Text frei ist, werden gelegentlich bei Ausführungen des Werks zumindest ein paar Sätze des Gedichts von Catulo mitgesungen. Aus ästhetischen Gründen und moderner Sicht bevorzugen wir eine Anpassung von Inhalt und Form, behalten aber den Rhythmus bei, um den musikalischen Phrasen von Villa-Lobos zu folgen, nach der Bearbeitung von Alberto Conde.

(Copyright © by jrBustamante, 2012)